ÜbersichtDie Reise zur Telemark Tours 2005by BixiEs ist 8 Uhr morgens, in einer Stunde ist der Start und ich sitze im Auto. Draußen geht der Regen langsam in Hagel über. Bin ich nun bis nach Norwegen gefahren, um jetzt wegen schlechtem Wetter nicht an den Start zu gehen? Die VorbereitungAlles fing mit einem Missverständnis an. Im Winter bin ich bei einer Recherche über Telemarkskifahren auf die "Telemark Tours" gestoßen. Mühsam kämpfte ich mich durch die beinahe durchwegs norwegische Internetseite, bis ich mir sicher war, dass es sich um ein Radrennen für Amateure und Freizeitfahrer handelte. Nach einigen Telefonaten und Emails mit dem Veranstalter war ich endgültig neugierig geworden. Ich überzeugte meinen Freund Michael von der Idee und meldete uns beide für den Marathon in Skien/Norwegen an. Ich entschied mich für die kurze Strecke von 142 km, die ich in annehmbarer Zeit zurücklegen wollte. Die lange Strecke von 250 km, in mir unbekannten Terrain, schien mir zu schwierig.Vor drei Tagen sind wir nun von München nach Oslo geflogen. Freunde und Bekannte erzählten vom kalten Norwegen, wo es immer regnet und von Moskito-Schwärmen. Andere erzählten von Schotterstraßen und steilen Anstiegen. Niemand war jedoch jemals in der Region Telemark mit dem Rennrad unterwegs. Sonnenschein und 20 Grad begrüßten uns am Flughafen Gardemoen, mit dem Leihauto ging es Richtung Süden und ein erster überwältigender Eindruck der Landschaft stellte sich ein. Telemark erstrahlte in satten Farben. Ursprüngliche Natur, wilde Wald- und Felsenlandschaft, Seen und Fjorde empfingen uns und sollten uns auch in den nächsten Tagen begleiten. In Skien gab es wegen des Marathons keine bezahlbaren Zimmer mehr. Was wohl auch daran liegt, dass das Angebot insgesamt nicht sehr hoch ist. Es gibt drei große Hotels, sogenannte "Comforthotels", die mit allem Erdenklichen, wie Sauna, Schwimmbad, etc. ausgestattet sind und wo die Nacht im Doppelzimmer bei 100 Euro anfängt. Kleine Gasthäuser und Privatunterkünfte, wie sie der Reiseführer ankündigte, konnten wir vor Ort nicht finden. Ein kleines, einfaches Backpacker-Hotel und das Vandrerhjem, eine Art Jugendherberge waren voll. Wir zogen 12 km südlich von Skien an den Eidangerfjord und waren mit unserer Wahl mehr als glücklich. Vor allem stellte sich heraus, dass Essen gehen nicht nur sehr teuer ist, sondern das Angebot an Restaurants außerhalb großer Städte gleich null ist. So waren wir froh um die kleine Kochnische in der Hütte und versorgten uns weit gehend selbst. Der erste TagAm ersten Tag, fuhren wir bei strahlendem Sonnenschein via Porsgrunn nach Skien, was Norwegen von einer wenig schönen Seite zeigte: Vororte und Industrie. Nach 15 Kilometer konnten wir dann endlich die Hauptroute verlassen und waren binnen Minuten mitten im ursprünglichen Bauernland. Der Kontrast konnte größer nicht sein. Saftige Natur, die jetzt im Juni in etwa unserer Vegetation im Mai entspricht: Flieder und Apfelbäume blühen, die Birken sind zart grün.Kurze, manchmal auch steilere Anstiege führten uns bis zum höchsten Punkt auf 295 Meter Höhe. Weiter ging unsere Route entlang eines Bachs, der immer wieder in Seen mündete. Schließlich führte uns der Fluss Lågen bis nach Larvik an die Küste zurück. Wir machten die Erfahrung, dass die Straßen meist mäßig gut sind, jedoch findet man ausreichend asphaltierte Straßen, um viele unterschiedliche Routen zu fahren. Die Europastraße hat den besten Straßenbelag, jedoch auch die meisten Autos, die Bundesstraßen und Hauptstraßen unterscheiden sich häufig nicht, es gibt kaum Verkehr und die Beschaffenheit des Asphalts ist unterschiedlich gut, manchmal ist jedoch auf Grund vieler Schlaglöcher konzentriertes Fahren erforderlich. Besonders zu erwähnen ist das rücksichtsvolle und defensive Autofahren der Norweger, die ein sicheres Rennrad fahren, egal auf welchen Wegen, ermöglichen. Die Beschilderungen sind meist sehr dürftig und zur Orientierung war häufig ein Blick in die Karte nötig. Übrigens: Privat- und Nebenstraßen sind nicht für Rennräder geeignet, da diese meist geschottert sind. Eins haben alle Straßen gemeinsam, immer führen sie entweder hinauf oder hinunter, Ebenen gibt es kaum. Jedoch sind die Anstiege selten steil und kaum länger als ein bis zwei Kilometer. Man könnte beinahe von einem perfektem Intervalltraining sprechen. Ein Problem wurde gegen Nachmittag des ersten Tages deutlich. Außerhalb größerer Städte gibt es zwar immer wieder einzelne Häuser, jedoch weder Einkaufsmöglichkeiten noch Kioske oder Restaurants. So kamen wir nach einer langen Fahrt sehr hungrig in der Hafenstadt Larvik an und genossen dort Sandwich und original italienischen Cappuccino! Am Abend gab es frischen, selbst gegrillten Fisch, der hier sehr günstig ist und fantastisch schmeckt. Der zweite TagAm zweiten Tag fuhren wir eine kleine und sehr idyllische Runde entlang der Zugstrecke Larvik - Porsgrunn. Immer wieder erinnerte mich die Landschaft an Bayern, wie ich es mir vor 150 Jahren vorstelle.Wie am Tag zuvor ging es durch hügeliges, oftmals beinahe unberührtes Land. Am Eidangerfjord führte uns die Straße in aberwitzigen Kehren, bis zur Höhe der Europastraße. An einer Stelle drehte sie sich gar um sich selbst und bildete ihre eigene Brücke. Auf breiter, frisch asphaltierter Straße genossen wir die Abfahrt zu unserem Campingplatz. Nachdem ich mich also in den letzen zwei Tagen bei strahlendem Sommerwetter eingefahren habe, gehe ich jetzt bei Unwetter an den Start in Skien. Nass und kalt baue ich mein Rennrad zusammen, prüfe nochmal alles und schon stehe ich in der Startpfütze und es ist 9 Uhr und pünktlich setzt sich der Pulk von ungefähr 70 Radlern in Bewegung. Der Start ist in Gruppen verlaufen. Seit 6 Uhr sind alle halbe Stunde 50 Teilnehmer gestartet. Wir sind die letzte Gruppe, da wir nur die kurze Distanz nehmen. Durch den Regen verpasse ich beinahe den Start und muss erstmal Tempo machen, um den Pulk an der Spitze hinterher zu kommen. Wahrscheinlich sind sie zu schnell für mich, aber lieber am Anfang in einer zu flotten Gruppe, als von Beginn an alleine hinterher kriechen. Nach dem ersten kleinen Anstieg sind wir ungefähr 25 Leute im Pulk. Um mich herum sind nun fast ausschließlich Norweger und Michael. Die Frauen vom örtlichem Rennradclub halten in den Anstiegen gut mit, die Gruppe scheint sich zu kennen und immer wieder wird das Tempo raus genommen, damit die Gruppe zusammen bleibt. Es macht Spass mit diesen Abkömmlingen der Wikingern unterwegs zu sein. Sie unterhalten sich und ich bin umzingelt von einem mir nicht verständlichen Gemurmel. Nach einer Stunde hört es ganz auf zu regnen, das ist auch der Zeitpunkt, wo die Gruppe auseinander fällt. Die Norweger geben sich noch letzte Zeichen, dann ziehen die Ersten das Tempo an und setzten sich schnell ab. Auch hinter mir fällt der Pulk langsam auseinander. Bis zur ersten Verpflegungsstation nach 50 km in Drangedal bleiben Michael und ich alleine übrig. Nach der Pause geht es weiter, ungefähr 40 km über eine sehr kleine Straße nach Lunde. Hier gibt es nur noch Wald, in einer Ursprünglichkeit, wie ich es bei uns zu Hause nicht kenne. Keine Häuser, keine Menschen, einmal überholt mich ein Begleitauto von einem Teilnehmer. Stille. Zwischendrin sind angekündigte 3 Kilometer Schotterstraße, die an alte Bilder vom Giro Italia denken lassen. Unbeschreiblich das Gefühl in dieser völligen Einsamkeit ein Radrennen zu fahren. Bei Kilometer 90 kommen wir in Lunde an. Hier gibt es die nächste Verpflegungsstation. Sie ist so versteckt, dass ich aus Versehen daran vorbei fahre. Erst als ich den Ort wieder verlasse wird mir klar, was passiert ist. Nochmal umdrehen? Nein, das kommt nicht in Frage! Aber es kommen noch einige Anstiege, laut Plan geht es zwar am Telemark-Kanal entlang, trotzdem bleibt ein ständiges Auf- und Abfahren. Michael besorgt an einem Kiosk Wasser, die letzten Riegel helfen uns über die Hügel. Wir können noch einen abgesprengten Fahrer aus der Gruppe von Beginn einholen. Dann kommt der letzte Anstieg zum Flughafen von Skien (satte 100 Höhenmeter!) und dann heißt es nur noch hinunter ins Ziel rollen. Nach gut 5 Stunden bin ich angekommen. Leider gab es keine extra Damenwertung und so hat niemand meine bisher vielleicht beste persönliche Leistung beachtet und bemerkt, dass ich als erste Dame ins Ziel fuhr. Der RadmarathonDie Telemark Tours ist eine schöne Veranstaltung: Klein, sehr persönlich und vom örtlichen Rennradclub mit viel Engagement seit Jahren betrieben. Die lange Strecke ist Teil der "Skandinavialoppet", ein Rennfolge, die seit 1980 für Amateure ausgeschrieben wird und in den vier skandinavischen Ländern Schweden, Norwegen, Finnland und Dänemark stattfindet. Neben der Skandinavialoppet gibt es auch eine extra Rennfolge für Damen: die "Skandinavian Lady Tours". Dies zeigt schon sehr deutlich, wie aktuell der Rennsport für Frauen in Norwegen ist.Vielleicht ist das auch ein Verdienst von Anita Valen, die letztes Jahr (2004) den 3. Platz in der WM machte und aus den Skiener Radclub (Grenland Sykleklubb) kommt. Anita Valen, ist zur Feier des Tages die lange Strecke (250 km) mit und den Herren mit einer Zeit von unter sieben Stunden bei Weitem davon gefahren. INFOSZur OrientierungDie Region Telemark liegt im Süden von Norwegen. Die Hauptstadt Skien ist ca. 230 Kilometer von Oslo entfernt. Der Süden gilt als touristische Gegend, was in Norwegen kein Nachteil ist, sondern vielmehr den Vorteil einer vorhandenen Infrastruktur bietet. Telemark wird oftmals als Norwegen in Klein bezeichnet, da es hier alles von Seen, Wäldern, Berge, Fjelle bis zu kleinen Fjorde gibt.Beste ReisezeitDie Monate Juni, Juli und August sind die beste Zeit. Der "Norwegische Strom" sorgt nicht nur für relativ milde Winter (durchschnittlich -4°) sondern auch für kühle Sommer (durchschnittlich 12° - 17 °) mit häufigen Regen. Auch im Süden wird es in dieser Zeit kaum dunkel, das Leben der Norweger spielt sich hauptsächlich im Freien ab und Mittsommer wird überall als großes Fest gefeiert.TourencharakterDie Touren verlaufen auf meist verkehrsarmen Straßen durch hügeliges, wenig bewohntes Land. Die Straßen sind unterschiedlich manchmal sehr gut asphaltiert, streckenweise jedoch übersät von Schlaglöchern. Immer führt es hinauf oder hinunter, es gibt kaum ebene Straßenabschnitte, so summieren sich in Laufe einer Tour die Höhenmeter. Ein Zweifach-Kettenblatt mit Standardübersetzung ist jedoch ausreichend, da die Anstiege selten steil sind.AnreiseAuto: Mit der Fähre von Kiel nach Oslo: Abfahrt täglich um 14 Uhr, ca. 20 Stunden Fahrtzeit, Kosten pro Person im Schlafsessel 88 € für ein Auto 76 €Bahn: Die Fahrt mit Fahrrad gestaltet sich schwierig. Eine Reservierung der Fahrradmitnahme nach Norwegen ist nicht möglich. Eine Möglichkeit von Deutschland mit dem Zug zu starten ist, das Rad in einer Fahrradtasche oder -koffer mit zuführen. Die Fahrt von Hamburg nach Oslo dauert etwa 13 Stunden, wobei in Kopenhagen umgestiegen werden muss. Das Zugticket kostet je nach Tarif zwischen 300 € und 400 € für Hin- und Rückfahrt. Flugzeug: Lufthansa fliegt von verschiedenen deutschen Städten mehrmals täglich nach Oslo. Die Preise liegen bei günstigen Tarifen zwischen 200 € und 300 €. Von Köln/Bonn gibt es Billigangebote mit Germanwings nach Oslo-Gardemoen. Ryanair fliegt täglich von Frankfurt-Hahn nach Sandefjord/Torp. Das Fahrrad wird zum Freigepäck gerechnet, Gesamtgepäck unter 20 Kilo ist also frei. (Übrigens: Fahrradkoffer werden oftmals nicht nachgewogen!) Vor Ort: In Norwegen werden Fahrräder sowohl in Regionalzügen, wie auch in Überlandbussen kostenfrei oder gegen geringe Gebühr mitgenommen, solange der Platz ausreicht. Ein Auto der Mittelklasse kostet ab Flughafen zwischen 400 € und 600 € pro Woche, abhängig von der Marke. Häufig werden vor Ort kostengünstige Angebote gemacht, die weit unter den Tarifen liegen, die von Deutschland Online gebucht werden können. Für die wenigen Autobahnen wird an manchen Stellen Maut verlangt. Vorsicht: Die Mautstellen haben Schalter für automatische Abbuchungen, Schalter mit Münzeinwurf in angebrachten Körbchen und Schalter mit manueller Bezahlung. Eine Anzahl an Münzen im Auto erleichtert das Durchfahren der Mautstellen sehr. SpracheDie meisten Norweger verstehen und sprechen Englisch, einige sogar Deutsch. cEinreise und Währung Norwegen gehört nicht zur Europäischen Union, sie sind dem Schengener Abkommen jedoch beigetreten. Für die Einreise genügt ein gültiger Personalausweis. Die Zollbestimmungen sind streng. Die Norwegischen Kronen (NOK) stehen zum Euro in etwa 8 : 1. In großen Städten und am Flughafen kann mit Eurocheque-Karten an Automaten Geld abgehoben werden. Fast immer ist eine Bezahlung, auch von kleinen Beträgen, mit Kreditkarten möglich.Unterkunft
Essen und TrinkenEssen gehen ist teuer und auch für die Norweger nur schwer zu finanzieren, was zur Folge hat, dass es nur wenige Restaurants und diese nur in größeren Städten gibt. Hin und wieder findet man "Familienrestaurants" und Imbisse, wo man gute und nicht allzu teure Burger und Würste (Pølse) essen kann.Zu Empfehlen ist das Restaurant Sjøloftet am Hafen in Brevik. Hier gibt es sehr gute norwegische und internationale Gerichte, die Preise liegen für ein Hauptgericht zwischen 20 € und 30 €, Pizza gibt es ab 12 €. Das Haus ist einem Schiff nachempfunden und gibt sowohl von innen wie auf den Terrassen einen wunderschönen Blick auf das malerische Hafenbecken frei. Das Cafe im Skimuseum (Norsk Skieventyr) in Morgedal hat eine große Auswahl an original norwegischen Kuchen und Torten (sehr süß und schmackhaft!). Einkaufsmöglichkeiten zur Selbstversorgung gibt es in den großen Einkaufszentren am Rande jeder Stadt. Die Supermarktkette Meny hat Mo - Fr von 10 - 20 Uhr und Sa von 9 - 18 Uhr geöffnet. Hier kann man gut und günstig fangfrischen Fisch kaufen. Fahrrad-Service
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